Wein-Glossar

Malolaktische Gärung

4. Dezember 2025
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Die malolaktische Gärung (biologischer Säureabbau) macht Wein weicher und fügt buttrige Aromen hinzu. Erfahre, wie und warum dieser Prozess eingesetzt wird.

Was ist malolaktische Gärung?

Die malolaktische Gärung (auch biologischer Säureabbau, Milchsäuregärung oder kurz Malo genannt) ist ein biochemischer Prozess, bei dem die scharfe Apfelsäure (Malat) im Wein durch Milchsäurebakterien in die weichere Milchsäure (Laktat) umgewandelt wird. Dieser Prozess findet nach der alkoholischen Gärung statt und verändert den Charakter des Weins erheblich.

Obwohl der Name "Gärung" lautet, handelt es sich technisch nicht um eine echte Gärung, sondern um eine bakterielle Umwandlung. Der Begriff hat sich aber in der Weinsprache etabliert.

Chemischer Ablauf

Bei der malolaktischen Gärung passiert folgendes:

Apfelsäure (C₄H₆O₅) → Milchsäure (C₃H₆O₃) + CO₂

Milchsäurebakterien (hauptsächlich Oenococcus oeni) wandeln die zweiprotonige, scharf schmeckende Apfelsäure in die einprotonige, weichere Milchsäure um. Dabei entsteht als Nebenprodukt Kohlendioxid, das während der Malo als feine Bläschen im Wein aufsteigen kann.

Das Resultat: Der Gesamtsäuregehalt sinkt, und die verbleibende Säure schmeckt weicher und runder.

Wirkung auf den Wein

Säurereduktion

Der wichtigste Effekt ist die Reduzierung der Säure um etwa 1-3 g/L. Die scharfe, grüne Apfelsäure wird durch die sanftere, cremigere Milchsäure ersetzt. Der Wein wirkt dadurch:

  • Weicher und runder am Gaumen
  • Weniger kantig und aggressiv
  • Voller und cremiger in der Textur

Diese Milderung ist besonders bei säurereichen Rebsorten wie Chardonnay, Pinot Noir oder Weinen aus kühlen Klimazonen gewünscht.

Aromatische Veränderung

Die malolaktische Gärung fügt dem Wein charakteristische Sekundäraromen hinzu:

  • Butter, Butterscotch: Durch die Bildung von Diacetyl
  • Sahne, Milch: Cremige, milchige Noten
  • Joghurt, Buttermilch: Leicht säuerlich-cremig
  • Haselnuss, Mandel: Nussige Komponenten

Diese Aromen sind besonders ausgeprägt bei Chardonnay aus Kalifornien oder dem Burgund, wo die Malo gezielt eingesetzt wird, um den typischen buttrigen Charakter zu erzeugen.

Stabilisierung

Ein wichtiger praktischer Aspekt: Wenn die malolaktische Gärung im Keller kontrolliert durchgeführt wird, kann sie nicht mehr spontan in der Flasche stattfinden. Dies verhindert unerwünschte Veränderungen nach der Abfüllung und stabilisiert den Wein biologisch.

Wann wird malolaktische Gärung eingesetzt?

Nicht jeder Wein durchläuft die malolaktische Gärung. Die Entscheidung hängt vom gewünschten Stil ab:

Fast immer Malo:

Rotweine: Bei praktisch allen Rotweinen ist die malolaktische Gärung Standard. Ohne Malo würden Rotweine zu sauer und adstringierend schmecken. Die Malo macht die Tannine weicher und integriert sie besser.

Barrique-Chardonnay: Hochwertige, im Barrique ausgebaute Chardonnays durchlaufen fast immer die Malo, um die charakteristische Cremigkeit und Buttrigkeit zu erzeugen – typisch für Burgund, Kalifornien und viele Neue-Welt-Chardonnays.

Oft Malo:

Pinot Noir, Pinot Blanc, Weißburgunder: Diese Sorten profitieren von der Malo, da sie dadurch mehr Fülle und Cremigkeit erhalten.

Weine aus kühlen Klimazonen: In Regionen mit hoher natürlicher Säure (z.B. Deutschland, Österreich, nördliches Frankreich) kann die Malo helfen, die Säure auf ein trinkbares Niveau zu senken.

Meist keine Malo:

Frische, fruchtige Weißweine: Weine wie Sauvignon Blanc, Riesling, Grüner Veltliner oder einfacher Pinot Grigio verzichten bewusst auf die Malo, um ihre knackige Frische, Lebendigkeit und primären Fruchtaromen zu bewahren.

Aromatische Weißweine: Rebsorten mit intensiven Primäraromen (Gewürztraminer, Muscat, Albariño) würden durch die Malo an Ausdruck verlieren.

Schaumweine (teilweise): Champagner und hochwertige Schaumweine durchlaufen meist die Malo, aber Prosecco und viele andere frische Schaumweine nicht.

Kontrolle der malolaktischen Gärung

Winzer haben verschiedene Möglichkeiten, die malolaktische Gärung zu steuern:

Fördern der Malo

  • Temperatur erhöhen: Milchsäurebakterien arbeiten optimal bei 18-22°C
  • Schwefeldioxid (SO₂) niedrig halten: Zu viel Schwefel hemmt die Bakterien
  • Bakterienkulturen zugeben: Gezielte Inokulation mit Oenococcus oeni
  • Nährstoffe zuführen: Bakterien benötigen Stickstoff und andere Nährstoffe
  • pH-Wert optimieren: Bakterien bevorzugen höhere pH-Werte (über 3,3)

Verhindern der Malo

  • Temperatur senken: Unter 15°C stoppt die Malo
  • Schwefeldioxid zugeben: Tötet oder hemmt Bakterien
  • Frühe Filtration: Entfernt Bakterien mechanisch
  • Sorbinsäure: Chemische Hemmung (bei Weißweinen)

Zeitpunkt der Malo

Die malolaktische Gärung kann zu verschiedenen Zeitpunkten stattfinden:

Während der alkoholischen Gärung (coinokuliert):

  • Moderne Technik, beide Gärungen laufen parallel
  • Schneller, effizienter, weniger Risiko
  • Etwas weniger komplex im Aroma

Nach der alkoholischen Gärung (traditionell):

  • Klassischer Ansatz, besonders im Burgund
  • Langsamer (mehrere Wochen bis Monate)
  • Mehr Komplexität, aber höheres Risiko für Fehlaromen
  • Oft spontan durch natürliche Bakterien

Risiken und Probleme

Bei unsachgemäßer Durchführung kann die malolaktische Gärung Probleme verursachen:

Fehlaromen:

  • Zu viel Diacetyl: Übertriebene Butternoten (ranzig)
  • Essigsäure: Essigstich bei falschen Bakterien
  • Mäuseln: Unangenehme, muffige Noten

Spontane Malo in der Flasche:

  • Trübung und Kohlensäure in der Flasche
  • Unangenehme Aromenveränderung
  • Vermeidbar durch Stabilisierung vor der Abfüllung

Verlust von Frische:

  • Übermäßige Säurereduktion bei ohnehin säurearmen Weinen
  • Wein wirkt flach und langweilig

Teilweise malolaktische Gärung

Einige Winzer stoppen die Malo bewusst nur teilweise ab, um eine Balance zwischen Frische und Cremigkeit zu erreichen. Dabei wird ein Teil des Weins mit kompletter Malo vinifiziert, der andere Teil behält seine Apfelsäure. Beim Verschnitt entsteht ein Wein mit mehr Komplexität als bei vollständiger Verhinderung, aber mehr Frische als bei kompletter Malo.

Diese Technik ist besonders bei modernen Chardonnays beliebt, die weder zu buttrig noch zu säurebetont sein sollen.

Praxistipp

Wenn du eher buttrige, cremige Weißweine magst, wähle Chardonnays mit malolaktischer Gärung – oft erkennbar an Angaben wie "barrel-fermented" oder "buttery" auf dem Etikett. Kalifornische Chardonnays zeigen meist stark ausgeprägte Malo-Aromen.

Bevorzugst du frische, knackige Weißweine, greife zu Weinen ohne Malo: Riesling, Sauvignon Blanc, Grüner Veltliner, oder Chardonnays mit der Angabe "unoaked" oder "stainless steel".

Bei Rotweinen ist die Malo Standard und ein Zeichen für ordnungsgemäße Vinifikation – du musst dir hier keine Gedanken machen.

Weine, die eine malolaktische Gärung durchlaufen haben, sind meist etwas lagerfähiger und entwickeln sich harmonischer in der Flasche, da die biologische Stabilität gewährleistet ist.

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