Sekundäraromen
Sekundäraromen entstehen durch Weinbereitung: Hefe, Butter, Vanille, Toast. Erfahre, wie Gärung, Barrique und Hefelager den Wein prägen.
Was sind Sekundäraromen?
Sekundäraromen (auch weinbereitungsbedingte Aromen genannt) sind Aromen, die nicht aus der Traube stammen, sondern während der Gärung und Weinbereitung entstehen. Sie sind das Ergebnis von kelleritechnischen Prozessen wie der alkoholischen Gärung, Hefelager, malolaktischer Gärung oder dem Ausbau im Barrique.
Während Primäraromen den Charakter der Rebsorte widerspiegeln, sind Sekundäraromen die Handschrift des Winzers und seiner önologischen Entscheidungen.
Wie entstehen Sekundäraromen?
Sekundäraromen entstehen durch verschiedene Prozesse während der Vinifikation:
Alkoholische Gärung
Während der Gärung wandeln Hefen Zucker in Alkohol und Kohlensäure um. Als Nebenprodukte entstehen dabei zahlreiche Aromastoffe:
- Ester: Fruchtige Aromen (Banane, Birne, Apfel)
- Phenylethanol: Blumige, rosige Noten
- Höhere Alkohole: Komplexe, würzige Aromen
Die Gärtemperatur spielt eine große Rolle: Kühle Gärung (15-18°C) bei Weißwein erhält die Frucht, wärmere Gärung (22-28°C) bei Rotwein erzeugt würzigere Noten.
Malolaktische Gärung
Die malolaktische Gärung wandelt scharfe Apfelsäure in weichere Milchsäure um und erzeugt dabei charakteristische Aromen:
- Butter: Durch Diacetyl
- Sahne, Milch: Cremige, milchige Noten
- Joghurt: Leicht säuerlich-cremig
- Haselnuss: Nussige Komponenten
Hefelager (Sur Lie)
Das Hefelager lässt den Wein auf den abgestorbenen Hefezellen reifen. Die Hefe gibt allmählich Inhaltsstoffe ab (Autolyse):
- Brioche, frisches Brot: Typisch für Champagner
- Hefe, Teig: Direkte Hefenoten
- Cremig, buttrig: Durch Mannoproteíne
- Nussig: Mandel, Haselnuss
Barrique-Ausbau
Der Ausbau im Barrique oder anderen Eichenfässern ist eine der wichtigsten Quellen für Sekundäraromen:
- Vanille: Vanillin aus dem Holz
- Toast, Röstaromen: Durch das Toasting der Fässer
- Gewürze: Nelke, Zimt, Muskat
- Kokosnuss: Besonders bei amerikanischer Eiche
- Rauch, Kaffee, Schokolade: Bei stärkerem Toasting
Typische Sekundäraromen
Sekundäraromen lassen sich in Kategorien einteilen:
Hefearomen
- Brioche, Brot, Gebäck
- Hefe, Teig
- Biskuit, Croissant
Milchprodukte
- Butter (Diacetyl)
- Sahne, Buttermilch
- Joghurt
- Frischkäse
Holz und Gewürze
- Vanille
- Toast, Röstaromen
- Zimt, Nelke, Muskat
- Kokosnuss
- Zedernholz
Röst- und Toastaromen
- Kaffee, Espresso
- Kakao, Schokolade
- Karamell
- Rauch
- Geröstete Nüsse
Nussige Aromen
- Mandel
- Haselnuss
- Walnuss
- Cashew
Sekundäraromen bei verschiedenen Weinen
Chardonnay
Chardonnay ist das Paradebeispiel für Sekundäraromen:
Chablis (Edelstahl): Minimale Sekundäraromen, Fokus auf Primärfrucht und Mineralität
Burgunder Chardonnay: Intensive Sekundäraromen durch Barrique, Hefelager und Malo – Brioche, Butter, Haselnuss, Vanille
Kalifornischer Chardonnay: Oft stark ausgeprägte Butter (Malo) und Vanille (Barrique)
Champagner und Schaumweine
Sekundäraromen sind entscheidend für den Charakter:
- Brioche, Toast: Durch lange Hefelagerung (Jahre)
- Gebäck, Biskuit: Bei Prestige-Cuvées
- Butter: Wenn malolaktische Gärung durchgeführt wurde
Rotweine
Barolo: Lakritze, Teer, getrocknete Kräuter durch langen Ausbau in großen Holzfässern
Rioja: Intensive Vanille und Kokosnuss durch amerikanische Eiche, Toast durch langes Fasslager
Bordeaux: Zedernholz, Gewürze, Toast durch französisches Barrique
Burgunder Pinot Noir: Subtile Gewürznoten, Waldboden, dezentes Holz
Primär-, Sekundär- und Tertiäraromen
Die drei Aromenebenen im Wein:
| Aroma-Typ | Ursprung | Beispiele | Wann dominant | |-----------|----------|-----------|---------------| | Primär | Aus der Traube | Frucht, Blüten | Junge Weine | | Sekundär | Durch Weinbereitung | Hefe, Butter, Holz | Mittelalte Weine | | Tertiär | Durch Reifung | Honig, Tabak, Leder | Gereifte Weine |
In jungen Weinen dominieren Primär- und Sekundäraromen. Mit der Reifung entwickeln sich Tertiäraromen, während die Primärfrucht nachlässt.
Balance und Weinqualität
Die Balance zwischen Primär- und Sekundäraromen ist entscheidend:
Gute Balance: Sekundäraromen ergänzen und unterstützen die Primärfrucht, ohne sie zu überdecken. Der Wein zeigt Komplexität und behält seine Identität.
Unbalanciert:
- Überholzt: Vanille und Toast dominieren, die Frucht ist kaum noch wahrnehmbar
- Zu buttrig: Übermäßiges Diacetyl überdeckt die Rebsortentypizität
- Zu hefig: Übertriebene Brioche-Noten wirken eindimensional
Moderne Trends
In den letzten Jahren geht der Trend zu subtileren Sekundäraromen:
- Weniger neue Barriques, mehr gebrauchte Fässer
- Größere Fässer statt kleiner Barriques
- Kürzere Ausbauzeiten
- Mehr Fokus auf Terroir und Primärfrucht
- Weniger malolaktische Gärung bei Weißwein
Dies ist eine Reaktion auf überholzte, technisch dominierte Weine der 1990er und 2000er Jahre.
Sekundäraromen erkennen
Bei der Verkostung frage dich:
Nase:
- Rieche ich Butter, Sahne oder Milchprodukte? → Malo
- Sind Brioche, Brot oder Hefenoten da? → Hefelager
- Spüre ich Vanille, Toast oder Gewürze? → Barrique
- Wie stark sind die Holzaromen?
Gaumen:
- Ist die Textur cremig und rund? → Malo oder Hefelager
- Schmecke ich Holztannine? → Barrique
- Ist die Säure weich? → Malolaktische Gärung
Praxistipp
Wenn du eher fruchtige, rebsortentypische Weine bevorzugst, wähle Weine mit minimalen Sekundäraromen:
- Edelstahlausbau statt Barrique
- Keine malolaktische Gärung
- Kurze oder keine Hefelagerung
- Beispiele: Riesling, Sauvignon Blanc, Beaujolais
Magst du komplexe, cremige Weine mit Tiefe, suche nach Weinen mit ausgeprägten Sekundäraromen:
- Barrique-Ausbau
- Malolaktische Gärung
- Langes Hefelager
- Beispiele: Burgunder Chardonnay, Rioja Reserva, Champagner
Sekundäraromen sind kein Qualitätsmerkmal per se – entscheidend ist die Balance und ob sie zum Stil des Weins passen. Ein überholzter Wein ist nicht besser als ein frischer Edelstahlwein, nur anders.
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