Wein-Glossar

Botti

4. Dezember 2025
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Botti sind große traditionelle Holzfässer aus slawonischer Eiche für den Weinausbau. Erfahre, wie sie den Geschmack von Barolo, Brunello & Co. prägen.

Was sind Botti?

Botti (Singular: Botte) sind große, traditionelle Holzfässer, die im italienischen Weinbau für den Ausbau und die Reifung von Wein verwendet werden. Im Gegensatz zu kleinen Barriques (225 Liter) haben Botti ein deutlich größeres Fassungsvermögen von typischerweise 1.000 bis 10.000 Litern, können aber auch noch größer sein (bis zu 50.000 Liter und mehr).

Bauweise und Material

Holzart

Traditionelle Botti werden aus slawonischer Eiche (Quercus robur) gefertigt, die in den Wäldern Slawoniens (Kroatien) wächst. Diese Eicheart hat ein feineres Korn als französische Eiche und gibt weniger intensives Vanillin und Toastaromen ab. Die neutralere Charakteristik erlaubt es dem Wein, seine eigenen Aromen und Terroirmerkmale zu entwickeln, während er von der mikro-oxygnativen Reifung profitiert.

Einige Winzer verwenden auch Kastanienholz, besonders in der Toskana, das noch neutraler ist und dem Wein kaum Holzaromen verleiht. Französische Eiche wird seltener für Botti verwendet, da sie intensivere Holznoten abgibt.

Größe und Form

Die klassische Form ist oval oder rund mit einem bauchigen Korpus. Die Dauben (Holzplanken) werden von eisernen Reifen zusammengehalten. Große Botti stehen oft aufrecht auf Holzgestellen in historischen Kellern, während kleinere Versionen (1.000-3.000 Liter) wie Barriques horizontal gelagert werden können.

Die Größe beeinflusst das Verhältnis von Weinvolumen zu Holzoberfläche: Je größer das Fass, desto geringer der direkte Holzkontakt pro Liter Wein. Dies führt zu subtileren Holzeinflüssen und langsamerer, sanfterer Oxidation.

Funktion und Einfluss auf den Wein

Mikro-Oxygenation

Die Poren des Holzes ermöglichen einen minimalen, kontrollierten Sauerstoffaustausch. Diese sanfte Oxidation hilft bei der Polymerisation der Tannine, macht sie weicher und integrierter. Der Prozess ist deutlich langsamer als in Barriques, was zu einer langsameren, harmonischeren Entwicklung führt.

Aromatischer Einfluss

Im Gegensatz zu neuen Barriques, die deutliche Vanille-, Toast- und Gewürznoten verleihen, sind Botti – besonders wenn sie bereits mehrfach verwendet wurden – nahezu geschmacksneutral. Sie fungieren mehr als Reifegefäße denn als Aromenspender. Dies ist besonders wichtig für Weine, deren Rebsortencharakter und Terroir im Vordergrund stehen sollen.

Traditionelle Botti werden selten „getoastet" wie Barriques, was die Abgabe von Röstaromen weiter minimiert. Über Jahre und Jahrzehnte der Nutzung bildet sich eine Weinsteinschicht an der Innenwand, die das Fass noch neutraler macht.

Textur und Struktur

Die lange Reifung in Botti verleiht dem Wein eine seidige, harmonische Textur. Die langsame Oxidation und Tanninentwicklung schaffen Weine mit großer Komplexität und Lagerfähigkeit, ohne die primäre Frucht zu überdecken oder durch übermäßige Holznoten zu dominieren.

Traditioneller vs. moderner Ausbau

Traditionelle Barolo-Bereitung

In der klassischen piemontesischen Weinbereitung reifen Barolo und Barbaresco jahrelang in großen, alten Botti. Traditionelle Produzenten wie Giacomo Conterno, Bartolo Mascarello oder Giuseppe Rinaldi setzen auf sehr lange Mazerationszeiten (30-60 Tage) und anschließenden Ausbau in Botti von 3-7 Jahren.

Diese Methode erzeugt kraftvolle, tanninbetonte Weine mit ausgeprägten Tertiäraromen von Teer, Leder, getrocknetem Rosenblatt und Trüffel. Die Weine benötigen oft 10-20 Jahre, um ihre volle Reife und Harmonie zu erreichen.

Moderne Interpretation

Seit den 1980er Jahren setzen modernistische Produzenten (die sogenannten „Barolo Boys") auf kürzere Mazerationszeiten und teilweise oder vollständigen Ausbau in französischen Barriques. Dies erzeugt fruchtigere, früher zugängliche Weine mit weicheren Tanninen und deutlicheren Holznoten.

Viele Winzer verfolgen heute einen Mittelweg: Sie kombinieren Botti und Barriques oder nutzen große Botti aus französischer Eiche, um die Vorteile beider Ansätze zu vereinen – Fruchtintensität und Zugänglichkeit bei gleichzeitiger Bewahrung der Eleganz und Terroirausprägung.

Verwendung in verschiedenen Regionen

Piemont

Barolo, Barbaresco und Barbera d'Alba werden traditionell in Botti ausgebaut. Die großen Fässer sind ein Markenzeichen der piemontesischen Weintradition und prägen den klassischen Stil der Region.

Toskana

Brunello di Montalcino, Vino Nobile di Montepulciano und traditionelle Chianti-Weine reifen ebenfalls oft in Botti. Die toskanische Tradition nutzt häufig Kastanienholz-Botti, besonders für rustikalere Weine.

Andere Regionen

In der Lombardei (Valtellina), Venetien (Amarone) und im Friaul werden große Holzfässer für die Reifung hochwertiger Weine verwendet. Auch außerhalb Italiens experimentieren Winzer mit großen Holzfässern, um Alternativen zum dominanten Barrique-Ausbau zu finden.

Pflege und Lebensdauer

Botti sind langlebige Investitionen, die bei guter Pflege Jahrzehnte oder sogar über ein Jahrhundert halten können. Sie müssen regelmäßig mit Wasser aufgefüllt werden, um das Holz feucht zu halten und ein Austrocknen der Dauben zu verhindern.

Alte Botti entwickeln eine natürliche Weinsteinauskleidung, die sie nahezu inert macht. Diese „Patina" wird von traditionellen Winzern geschätzt, da sie die neutrale Reifung unterstützt. Defekte Dauben können ausgetauscht werden, wodurch ein Fass über Generationen hinweg genutzt werden kann.

Die Herstellung neuer Botti ist handwerklich aufwendig und erfordert spezialisierte Küfer (Fassbinder). Historische Botti aus slawonischer Eiche sind heute besonders wertvoll, da die Verfügbarkeit von geeignetem Holz begrenzt ist.

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