Wein-Glossar

Eiswein

4. Dezember 2025
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Eiswein ist eine rare Prädikatswein-Spezialität aus gefrorenen Trauben. Erfahre alles über die aufwendige Herstellung, den intensiven Geschmack und die besten Jahrgänge.

Was ist Eiswein?

Eiswein ist eine der seltensten und außergewöhnlichsten Weinstile der Welt. Es handelt sich um einen edelsüßen Prädikatswein, der aus gefrorenen Trauben bei Temperaturen von mindestens -7 °C gelesen und gepresst wird. Das gefrierende Wasser bleibt als Eis in der Presse zurück, während hochkonzentrierter, zuckerhaltiger Most abläuft.

Qualitätskriterien und Gesetzliche Vorgaben

Mindestmostgewicht (in °Oechsle):

Eiswein muss die Qualitätsanforderungen einer Beerenauslese erfüllen:

  • Riesling: 110-128 °Oe (je nach Anbaugebiet)
  • Müller-Thurgau, Silvaner: 120-128 °Oe
  • Spätburgunder: 128 °Oe

Strenge Bedingungen:

  • Temperatur: Trauben müssen bei min. -7 °C (besser -8 °C) gefroren sein
  • Lesezeit: Meist zwischen Dezember und Februar, oft nachts oder in frühen Morgenstunden
  • Sofortige Pressung: Trauben müssen gefroren gepresst werden (daher oft noch im Dunkeln)
  • Keine Anreicherung: Kein Zuckerzusatz erlaubt
  • Keine Botrytis: Im Gegensatz zu Beerenauslesen soll Eiswein keine Edelfäule aufweisen – die Aromen sollen frisch und rein bleiben

Die aufwendige Herstellung

1. Risikovolle Spätlese

Nach der normalen Ernte im Herbst lässt der Winzer ausgewählte Trauben bewusst am Rebstock hängen – oft bis Dezember, Januar oder sogar Februar. Dies birgt enorme Risiken:

  • Vogelfraß: Vögel fressen die süßen Trauben
  • Fäulnis: Regen und Feuchtigkeit können die Trauben zerstören
  • Totalausfall: Bleibt der Frost aus, kann gar kein Eiswein produziert werden

2. Die Eiswein-Lese

Sobald die Temperatur unter -7 °C fällt (meist nachts), wird sofort geerntet:

  • Schnelligkeit: Die Trauben müssen gefroren bleiben (daher oft nachts)
  • Handarbeit: Nur Handlese möglich, maschinelle Ernte würde die gefrorenen Beeren zerstören
  • Herausforderung: Arbeiten bei eisiger Kälte, oft mit Stirnlampen im Dunkeln

3. Pressung

Die gefrorenen Trauben werden sofort in gefrorenem Zustand gepresst:

  • Das Wasser bleibt als Eiskristalle zurück
  • Nur der hochkonzentrierte Zuckersaft läuft ab
  • Die Ausbeute ist extrem gering: Nur 10-15% der ursprünglichen Menge (statt 70-80% bei normalem Wein)
  • Die Pressung dauert Stunden, da der gefrorene Most nur langsam austritt

Geschmacksprofil

Eiswein zeichnet sich durch extreme Konzentration und brillante Frische aus:

Typische Aromen (besonders bei Riesling-Eiswein):

  • Intensive Frucht: Aprikose, Pfirsich, reife Ananas, Mango
  • Zitrusfrüchte: Limette, Zitrone, Kumquat – mehr Frische als bei Beerenauslesen
  • Honig: Akazienhonig, aber weniger intensiv als bei Trockenbeerenauslesen
  • Tropische Noten: Passionsfrucht, Lychee, reife Banane
  • Blüten: Jasmin, Orangenblüte
  • Mineralität: Deutlich stärker ausgeprägt als bei Botrytis-Weinen

Geschmackscharakter:

  • Süße: 150-250 g/l Restzucker (extrem süß)
  • Säure: Sehr hoch (8-12 g/l), dadurch perfekte Balance zur Süße
  • Alkohol: Niedrig (meist 7-9% vol.), da nicht aller Zucker vergoren wird
  • Textur: Sirupartig, ölig, konzentriert – aber dank Säure nie schwer

Der Unterschied zu Beerenauslesen: Eiswein ist frischer, klarer und fruchtbetonter, da keine Botrytis (Edelfäule) vorhanden ist. Beerenauslesen sind komplexer, aber auch oxidativer und weniger fruchtig.

Beste Rebsorten für Eiswein

1. Riesling (der Klassiker)

  • Hohe natürliche Säure balanciert die Süße perfekt
  • Brillante Fruchtnoten und Mineralität
  • Beste Beispiele: Mosel, Rheingau, Pfalz

2. Vidal Blanc (Kanada)

  • Hybrid-Rebsorte mit hoher Frostresistenz
  • Dominiert die kanadische Eiswein-Produktion
  • Aromen von Pfirsich, Aprikose, Honig

3. Gewürztraminer

  • Exotische, würzige Eisweine mit Lychee und Rosen-Aromen
  • Sehr aromatisch, weniger säurebetont

4. Scheurebe

  • Intensive Cassis- und Johannisbeer-Aromen
  • Etwas rustikaler, aber sehr charaktervoll

5. Grüner Veltliner (Österreich)

  • Pfeffrige Noten, grüne Frucht, hohe Säure

Eiswein weltweit

Deutschland

Die Heimat des Eisweins – hier wurde die Methode 1830 erstmals zufällig entdeckt (nach einem frühen Frost in Franken). Beste Regionen:

  • Mosel: Filigrane, säurebetonte Rieslinge
  • Rheingau: Kraftvolle, mineralische Eisweine
  • Pfalz: Fruchtig-elegante Stile

Kanada

Weltgrößter Produzent von Eiswein (dort "Icewine" genannt):

  • Niagara Peninsula (Ontario): Über 90% der kanadischen Produktion
  • Okanagan Valley (British Columbia): Hochwertige Boutique-Eisweine
  • Meist aus Vidal Blanc, aber auch Riesling und Cabernet Franc

Österreich

Hochwertige Eisweine, besonders aus:

  • Burgenland: Süße, konzentrierte Eisweine
  • Niederösterreich: Grüner Veltliner Eiswein

Lagerfähigkeit

Eisweine sind extrem lagerfähig dank ihrer enormen Säure und hohen Zuckerwerte:

  • Trinkreife: Bereits nach 2-3 Jahren zugänglich
  • Optimum: 10-20 Jahre Flaschenreife
  • Maximale Lagerfähigkeit: 30-50+ Jahre bei perfekten Bedingungen

Bei der Reifung entwickeln Eisweine:

  • Karamell- und Honignoten
  • Nussige Aromen (Haselnuss, Mandel)
  • Kandierte Früchte und Trockenobst
  • Petrol-Noten bei Riesling (nach 15+ Jahren)
  • Größere Komplexität und Harmonie

Food Pairing

Eiswein als Dessertwein oder eigenständiger Genuss:

Perfekte Kombinationen:

  • Foie Gras: Der absolute Klassiker! Die Säure schneidet die Fettigkeit.
  • Blauschimmelkäse: Roquefort, Stilton, Gorgonzola – die Süße mildert die Salzigkeit.
  • Fruchtige Desserts: Aprikosen-Tarte, Obstsorbets, Crème brûlée
  • Dunkle Schokolade: 70-80% Kakao – die Bitterkeit kontrastiert perfekt mit der Süße
  • Pâtés und Terrinen: Klassische französische Paarung

Servierempfehlung:

  • Temperatur: 6-8 °C (gut gekühlt, damit die Süße nicht überwältigt)
  • Glas: Kleines Dessertwein-Glas (50-75 ml Portionen)
  • Solo genießen: Oft reicht Eiswein als eigenständiger Genuss nach dem Essen

Preis und Verfügbarkeit

Eiswein ist selten und teuer, da die Produktion extrem risikoreich und aufwendig ist:

  • Einfacher Eiswein: 40-80 € (0,375 l)
  • Hochwertige deutsche Eisweine: 80-200 € (0,375 l)
  • Spitzen-Eiswein aus großem Jahrgang: 200-500+ € (0,375 l)
  • Kanadische Icewines: 50-150 € (0,375 l), meist etwas günstiger als deutsche

Wichtig: Eiswein wird fast immer in 0,375-l-Flaschen (Halbliter) abgefüllt, da die Mengen gering sind und man pro Person nur kleine Portionen trinkt.

Klimawandel und die Zukunft des Eisweins

Der Klimawandel stellt die größte Bedrohung für Eiswein dar. Immer mildere Winter führen dazu, dass die notwendigen -7 °C seltener erreicht werden:

  • In Deutschland fallen immer häufiger Eiswein-Jahrgänge komplett aus
  • 2019 und 2020 gab es in manchen Regionen keinen Eiswein
  • Kanada profitiert noch von stabileren Wintertemperaturen

Dies macht Eiswein zu einer noch selteneren Rarität – und könnte langfristig dazu führen, dass dieser Weinstil verschwindet oder nur noch in besonders kalten Regionen produziert wird.

Bekannte Eiswein-Produzenten

Deutschland:

  • Robert Weil (Rheingau): Legendäre Riesling-Eisweine
  • Egon Müller (Mosel): Extrem seltene und teure Eisweine
  • Dönnhoff (Nahe): Präzise, mineralische Eisweine
  • Weingut Keller (Rheinhessen): Kraftvolle Eisweine aus Spitzenlagen

Kanada:

  • Inniskillin: Pionier des kanadischen Icewine
  • Peller Estates: Größter Icewine-Produzent weltweit
  • Jackson-Triggs: Hochwertige, zugängliche Icewines

Österreich:

  • Kracher (Burgenland): Süßwein-Spezialist mit Eisweinen
  • Alois Kracher: Posthum weitergeführtes Weingut mit legendären Süßweinen

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