Wein-Glossar

Auslese

4. Dezember 2025
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Auslese ist eine Prädikatsstufe im deutschen Weinbau für hochreife, teils edelsüße Weine. Erfahre alles über Mostgewicht, Geschmack und die besten Beispiele.

Was ist eine Auslese?

Auslese ist die dritte Stufe im deutschen Prädikatswein-System und bezeichnet Weine aus vollreifen, handverlesenen Trauben mit hohem natürlichem Zuckergehalt. Der Name leitet sich vom Prozess der selektiven Handlese ab – nur perfekt ausgereifte Trauben werden "ausgelesen" und verarbeitet.

Qualitätskriterien

Eine Auslese muss folgende Mindestanforderungen erfüllen:

Mindestmostgewicht (in °Oechsle):

  • Riesling: 83-88 °Oe (je nach Anbaugebiet)
  • Müller-Thurgau, Silvaner: 85-90 °Oe
  • Spätburgunder, Weißburgunder: 90-95 °Oe
  • Trollinger: 90-95 °Oe

Diese Mostgewichte liegen deutlich über denen einer Spätlese (76-90 °Oe) und entsprechen einem potenziellen Alkoholgehalt von etwa 11-13% vol., wenn der gesamte Zucker vergoren würde.

Weitere Anforderungen:

  • Handlese: Nur handverlesene, vollreife Trauben
  • Negative Selektion: Unreife und faule Beeren werden aussortiert
  • Positive Selektion: Oft werden nur die besten, vollreifsten Trauben gewählt
  • Edelfäule erlaubt: Botrytis cinerea (Edelfäule) ist gestattet und häufig erwünscht
  • Keine Anreicherung: Kein Zusatz von Zucker zur Alkoholerhöhung

Geschmacksprofil

Süße oder trocken?

Auslesen können sowohl süß als auch trocken ausgebaut werden:

  • Traditionelle Auslese: Meist edelsüß mit 30-80 g/l Restzucker. Diese Weine zeigen üppige Frucht, honigartige Süße und perfekte Balance durch hohe Säure.
  • Trockene Auslese: Selten, aber existent. Diese Weine sind kraftvoll, alkoholreich (13-14% vol.) und zeigen enorme Konzentration und Extraktfülle. Meist als "Auslese trocken" oder als Großes Gewächs (GG) deklariert.

Die meisten Auslesen sind jedoch edelsüß, da die hohe natürliche Süße und Aromenfülle dieser Stilistik am besten zur Geltung kommen.

Typische Aromen:

Bei Riesling-Auslese:

  • Reife gelbe Früchte: Pfirsich, Aprikose, reife Birne
  • Exotische Noten: Ananas, Mango, Passionsfrucht
  • Honig und Bienenwachs (besonders bei Botrytis-Einfluss)
  • Blüten: Jasmin, Holunderblüte, Akazienblüte
  • Mineralität: Petrol-Noten bei gereiften Exemplaren

Bei edelfaulen Auslesen (mit Botrytis):

  • Kandierte Früchte und Trockenobst
  • Honig, Karamell, Orangenmarmelade
  • Würzige Noten: Safran, Ingwer
  • Nussige Töne bei längerer Reifung

Auslese vs. Spätlese vs. Beerenauslese

| Eigenschaft | Spätlese | Auslese | Beerenauslese | |-------------|----------|---------|---------------| | Mostgewicht (Riesling) | 76-83 °Oe | 83-88 °Oe | 110-128 °Oe | | Süße | Halbtrocken bis lieblich | Lieblich bis edelsüß | Edelsüß | | Botrytis | Selten | Oft vorhanden | Meist vorhanden | | Lesezeitpunkt | Späte Lese | Sehr späte Lese | Einzelbeerenlese | | Preis | 10-25 € | 20-50 € | 50-150+ € |

Die Auslese steht zwischen der noch zugänglicheren Spätlese und den hochkonzentrierten, sehr süßen Beeren- und Trockenbeerenauslesen. Sie bietet eine perfekte Balance zwischen Süße, Säure und Trinkbarkeit.

Herkunft und Lesezeitpunkt

Auslesen werden in Deutschland typischerweise Ende Oktober bis Anfang November gelesen – deutlich später als normale Qualitätsweine, aber früher als Beerenauslesen oder Eisweine.

Die besten Auslesen stammen aus Regionen mit:

  • Langen, warmen Herbsten: Mosel, Rheingau, Pfalz
  • Steilen Südhängen: Maximale Sonneneinstrahlung für hohe Zuckerwerte
  • Flussnähe: Nebel begünstigt Botrytis-Entwicklung (Edelfäule)

Berühmte Lagen für Auslesen:

  • Mosel: Wehlener Sonnenuhr, Ürziger Würzgarten
  • Rheingau: Rauenthaler Baiken, Erbacher Marcobrunn
  • Pfalz: Forster Kirchenstück, Deidesheimer Hohenmorgen
  • Nahe: Niederhäuser Hermannshöhle

Lagerfähigkeit

Auslesen sind hervorragend lagerfähig. Dank ihrer hohen Säure und des natürlichen Zuckergehalts können sie problemlos 20-50+ Jahre reifen. Bei der Lagerung entwickeln sie:

  • Petrolnoten (typisch für gereiften Riesling)
  • Honigaromen und Bienenwachs
  • Nussige Töne (Haselnuss, Mandel)
  • Karamell und kandierte Früchte
  • Komplexität und Tiefe

Besonders Auslesen aus Spitzenlagen und guten Jahrgängen (z.B. 1959, 1971, 2001, 2015) können Jahrzehnte reifen und gewinnen dabei an Eleganz und Komplexität.

Food Pairing

Auslesen sind vielseitige Essensbegleiter, besonders zu:

Perfekte Kombinationen:

  • Foie Gras (Gänseleber): Der Klassiker! Die Süße und Säure der Auslese schneidet die Fettigkeit perfekt.
  • Blauschimmelkäse: Roquefort, Stilton oder Gorgonzola – die Süße mildert die Salzigkeit des Käses.
  • Desserts mit Früchten: Aprikosen-Tarte, Obstkuchen, Fruchtsorbets
  • Asiatische Küche: Scharf-süße thailändische oder vietnamesische Gerichte
  • Pâtés und Terrinen: Die Säure balanciert die Reichhaltigkeit.

Servierempfehlung:

  • Temperatur: 8-10 °C (nicht zu kalt, sonst gehen Aromen verloren)
  • Glas: Weißweinglas mit etwas Volumen für die Aromaentfaltung
  • Vorher dekantieren: Bei älteren Auslesen (15+ Jahre) kann Dekantieren helfen

Preis und Verfügbarkeit

Auslesen sind erschwinglicher als Beeren- oder Trockenbeerenauslesen, aber teurer als Spätlesen:

  • Einfache Auslese: 15-25 € (0,75 l)
  • Hochwertige Auslese aus guter Lage: 30-60 €
  • Spitzen-Auslese aus großem Jahrgang: 60-150+ €

Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten Auslesen aus Rheinhessen, Pfalz und Nahe. Die berühmtesten (und teuersten) stammen aus Mosel und Rheingau.

Bedeutung und Geschichte

Die Auslese ist eine der ältesten Prädikatsstufen und geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Der Begriff wurde erstmals im Deutschen Weingesetz von 1971 offiziell definiert.

Heute steht die Auslese für deutsche Weinkultur auf höchstem Niveau – sie zeigt die Fähigkeit deutscher Winzer, aus vollreifen Trauben Weine von enormer Komplexität und Langlebigkeit zu erzeugen. Besonders Riesling-Auslesen von der Mosel gelten international als Benchmark für edelsüße Weißweine.

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