Wein-Glossar

Mazeration

4. Dezember 2025
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Erfahre alles über Mazeration: Der Schlüsselprozess in der Rotweinherstellung zur Extraktion von Farbe, Tanninen und Aromen aus Traubenschalen.

Was ist Mazeration?

Mazeration (auch Maischegärung oder Schalenkontakt) bezeichnet den Kontakt zwischen Most bzw. gärendem Wein und den festen Traubenbestandteilen (Schalen, Kerne, manchmal Stiele) während der Weinbereitung. Dieser Prozess ist entscheidend für die Extraktion von Farbe, Tanninen, Aromen und anderen phenolischen Verbindungen – besonders bei der Rotweinherstellung.

Warum ist Mazeration wichtig?

Die meisten Farbstoffe (Anthocyane) und Tannine befinden sich in den Traubenschalen, nicht im Fruchtfleisch. Ohne Mazeration wäre ein Rotwein farblos wie Weißwein, selbst wenn er aus roten Trauben hergestellt wird. Die Dauer und Intensität der Mazeration bestimmt maßgeblich den Stil des Weins:

  • Kurze Mazeration (3-5 Tage): Leichte, fruchtige Weine mit wenig Tannin
  • Mittlere Mazeration (1-2 Wochen): Klassische Balance aus Frucht und Struktur
  • Lange Mazeration (3-4+ Wochen): Kraftvolle, tanninreiche Weine mit Lagerpotenzial

Mazeration bei Rotwein

Bei der Rotweinherstellung ist die Mazeration ein zentraler Schritt:

  1. Vor der Gärung (Kaltmazeration): Most bleibt bei niedrigen Temperaturen (10-15°C) mit den Schalen in Kontakt, um Aromen und Farbe zu extrahieren, bevor die alkoholische Gärung beginnt. Dies bewahrt frische Fruchtaromen.

  2. Während der Gärung: Die Hauptextraktion findet während der alkoholischen Gärung statt. Der entstehende Alkohol löst Tannine und Farbstoffe effizienter. Die Kohlensäure bringt die Schalen nach oben (Tresterhut), die regelmäßig untergetaucht werden müssen (Pigeage/Untertauchen oder Remontage/Übersprühen).

  3. Nach der Gärung (Post-Fermentation Mazeration): Manche Winzer lassen den Wein nach der Gärung noch Tage bis Wochen auf der Maische, um zusätzliche Tannine und Struktur zu extrahieren. Dies ist typisch für kraftvolle Weine wie Barolo, Bordeaux oder Châteauneuf-du-Pape.

Mazeration bei Weißwein

Bei Weißwein wird traditionell nur wenig oder keine Mazeration angewandt:

  • Klassische Methode: Trauben werden sofort gepresst, der Saft vergärt ohne Schalenkontakt
  • Kurze Mazeration (2-12 Stunden): Für aromatischere Weißweine, besonders bei Rebsorten wie Gewürztraminer oder Muscat
  • Orangewein/Amberwein: Moderne Technik mit wochenlanger Mazeration wie bei Rotwein, wodurch intensive, tanninreiche Weißweine entstehen

Mazeration bei Roséwein

Roséwein entsteht durch eine sehr kurze Mazeration roter Trauben:

  • Saignée-Methode: Ein Teil des Saftes wird nach wenigen Stunden Kontakt mit den Schalen abgelassen
  • Direkte Pressung: Rote Trauben werden wie Weißwein direkt gepresst, der leichte Schalenkontakt gibt etwas Farbe
  • Typische Dauer: 2-24 Stunden, abhängig von der gewünschten Farbintensität

Faktoren, die die Mazeration beeinflussen

Temperatur

  • Kalt (10-15°C): Sanfte Extraktion, mehr Frucht, weniger Tannin
  • Mittel (20-28°C): Optimale Balance
  • Heiß (30-35°C): Schnelle, intensive Extraktion, kann aber zu bitteren Tanninen führen

Dauer

Je länger die Mazeration, desto mehr Extraktion – aber auch höheres Risiko für harte, bittere Tannine.

Technik

  • Pigeage: Manuelles oder mechanisches Untertauchen des Tresterhuts
  • Remontage: Übersprühen des Tresterhuts mit gärendem Most
  • Délestage: Ablassen und erneutes Auffüllen des Tanks
  • Micro-Oxygenation: Kontrollierte Sauerstoffzufuhr während der Mazeration

Spezielle Mazerationsformen

Kohlensäuremaischung

Bei der Kohlensäuremaischung findet eine intrazelluläre Mazeration in intakten Beeren unter CO₂-Atmosphäre statt, was zu fruchtigen Weinen mit wenig Tannin führt.

Kaltmazeration (Cold Soak)

Vor der Gärung werden die Trauben bei niedrigen Temperaturen eingeweicht, um Aromen und Farbe zu extrahieren, ohne dass Alkohol bereits Tannine löst. Ergebnis: fruchtbetonte Weine mit weicheren Tanninen.

Post-Fermentation Mazeration (Extended Maceration)

Nach Abschluss der Gärung bleibt der Wein noch Tage bis Wochen auf der Maische. Dies extrahiert zusätzliche Tannine und Struktur und wird bei hochwertigen, lagerfähigen Rotweinen angewandt.

Mazeration vs. Maischestandzeit

Die Begriffe werden oft synonym verwendet, haben aber Nuancen:

  • Mazeration: Der chemisch-physikalische Prozess der Extraktion
  • Maischestandzeit: Die Dauer, die der Most/Wein mit der Maische in Kontakt bleibt

In der Praxis beschreiben beide dasselbe Phänomen aus leicht unterschiedlichen Blickwinkeln.

Einfluss auf den Weinstil

Die Mazeration ist einer der wichtigsten Hebel, um den Stil eines Weins zu steuern:

  • Leicht und fruchtig: Kurze Mazeration (z.B. Beaujolais)
  • Ausgewogen: Mittlere Mazeration (z.B. klassischer Burgunder)
  • Kraftvoll und strukturiert: Lange Mazeration (z.B. Barolo, Brunello)
  • Modern und konzentriert: Warme, intensive Mazeration (z.B. New World Weine)

Moderne Entwicklungen

Heute experimentieren Winzer zunehmend mit innovativen Mazerationstechniken:

  • Ganztraubenmazeration: Inklusive Stiele für zusätzliche Komplexität und Frische
  • Amphoren-Mazeration: In Tonkrügen für sanfte, langsame Extraktion
  • Natural Wine: Längere Mazeration ohne Temperaturkontrolle oder Zusätze
  • Minimal-Intervention: Sehr sanfte Mazeration für zugänglichere Tannine

Die Mazeration bleibt ein zentrales Werkzeug des Winzers, um aus denselben Trauben völlig unterschiedliche Weinstile zu kreieren.

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