Wein-Glossar

Bâtonnage

4. Dezember 2025
weinbereitungweissweinkellertechnikausbau

Bâtonnage ist eine Weinbereitungstechnik, bei der die Feinhefe regelmäßig aufgerührt wird, um dem Wein mehr Cremigkeit, Komplexität und Textur zu verleihen.

Was ist Bâtonnage?

Bâtonnage (französisch: "bâtonner" = mit einem Stock rühren) ist eine Weinbereitungstechnik, bei der die abgestorbene Feinhefe (Lie) während der Reifung des Weins regelmäßig vom Fassboden aufgerührt und wieder in Suspension gebracht wird. Dieses traditionelle Verfahren wird vor allem bei der Herstellung hochwertiger Weißweine, insbesondere Chardonnay und anderen vollmundigen weißen Rebsorten, angewendet. Das Aufrühren erfolgt typischerweise mit einem langen Stock oder Stab – daher der Name.

Wirkung und Zweck

Durch das regelmäßige Aufrühren der Feinhefe werden mehrere positive Effekte erzielt:

Textur und Mundgefühl: Die Bâtonnage verleiht dem Wein eine cremige, fast ölige Textur und ein volleres Mundgefühl. Die freigesetzten Hefebestandteile, insbesondere Mannoproteíne, tragen zu dieser seidigen Konsistenz bei.

Aromatische Komplexität: Durch den intensiven Hefekontakt entwickelt der Wein komplexe Sekundäraromen wie Brioche, geröstete Nüsse, Butter und frischgebackenes Brot. Diese hefigen Noten ergänzen die primären Fruchtaromen und verleihen dem Wein zusätzliche Tiefe.

Geschmackliche Fülle: Die Bâtonnage erhöht die geschmackliche Fülle und das Gewicht des Weins am Gaumen. Der Wein wirkt runder, weicher und besitzt mehr Volumen.

Mikrooxidation: Das Aufrühren führt zu einer leichten, kontrollierten Sauerstoffzufuhr, die zur harmonischen Entwicklung des Weins beiträgt und die Farbe stabilisiert.

Reduktion von Reduktionsnoten: Die Bâtonnage verhindert die Entstehung unangenehmer Reduktionsnoten (schwefelhaltige Aromen), die bei zu langem Hefekontakt ohne Bewegung entstehen können.

Anwendung und Technik

Die Bâtonnage wird typischerweise bei Weinen praktiziert, die auf der Feinhefe (sur lie) ausgebaut werden. Die Häufigkeit des Aufrührens variiert je nach gewünschtem Weinstil und Weinbereitungsphilosophie des Winzers:

  • Intensive Bâtonnage: Mehrmals pro Woche, manchmal sogar täglich – erzeugt ausgeprägte Hefenoten und maximale Cremigkeit
  • Moderate Bâtonnage: Einmal pro Woche bis alle zwei Wochen – liefert Balance zwischen Hefearomen und Fruchtcharakter
  • Leichte Bâtonnage: Ein- bis zweimal pro Monat – subtile Hefeeinflüsse, Frucht bleibt im Vordergrund

Die Technik wird traditionell mit einem langen Holzstab (dem "Bâton") durchgeführt, der durch das Spundloch in das Fass eingeführt wird. In modernen Kellereien kommen auch mechanische Vorrichtungen oder das vorsichtige Rollen von Fässern zum Einsatz.

Einsatz in verschiedenen Weinstilen

Burgunder Chardonnay: Die klassische Heimat der Bâtonnage. Premium-Chardonnays aus dem Burgund, insbesondere aus Meursault und Puligny-Montrachet, werden traditionell mit regelmäßiger Bâtonnage ausgebaut, was zu ihrer charakteristischen Cremigkeit und nussigen Komplexität beiträgt.

Champagner: Bei der Champagnerherstellung spielt die Bâtonnage während der Lagerung auf der Hefe (sur lattes) eine wichtige Rolle für die Entwicklung der typischen Brioche- und Hefearomen.

Rhône-Weine: Hochwertige weiße Rhône-Weine aus Roussanne, Marsanne oder Viognier profitieren von moderater Bâtonnage, die ihre natürliche Fülle und aromatische Komplexität unterstreicht.

Moderne Weißweine weltweit: Winzer in Kalifornien, Australien, Neuseeland und anderen Weinbauregionen setzen Bâtonnage gezielt ein, um ihren Chardonnays und anderen Weißweinen mehr Struktur und Komplexität zu verleihen.

Risiken und Herausforderungen

Bei unsachgemäßer Anwendung kann die Bâtonnage auch negative Effekte haben:

  • Überdeckung der Frucht: Zu intensive oder zu lange Bâtonnage kann die primären Fruchtaromen maskieren und den Wein hefig-heftig erscheinen lassen
  • Bitterkeit: Übermäßiger Hefekontakt kann bittere Komponenten freisetzen
  • Oxidation: Zu starkes oder zu häufiges Aufrühren kann zu ungewollter Oxidation führen
  • Hygienische Risiken: Bei mangelnder Sauberkeit können Kontaminationen auftreten

Deshalb erfordert die Bâtonnage ein hohes Maß an Erfahrung, regelmäßige Verkostungen und ein gutes Verständnis für die Entwicklung des Weins.

Moderne Entwicklungen

Während die Bâtonnage lange Zeit Standard in der Herstellung hochwertiger Weißweine war, gibt es heute einen Trend zu differenzierterer Anwendung:

  • Selektive Bâtonnage: Nur bestimmte Fässer oder Chargen werden aufgerührt, um verschiedene Komponenten für die spätere Cuvée zu schaffen
  • Zeitlich begrenzte Bâtonnage: Aufrühren nur in den ersten Monaten nach der Gärung, dann ungestörte Lagerung
  • Verzicht auf Bâtonnage: Einige Winzer bevorzugen heute den reinen Sur-lie-Ausbau ohne Aufrühren, um klarere Fruchtaromen und mehr Mineralität zu bewahren

Die Entscheidung für oder gegen Bâtonnage – und in welcher Intensität – ist heute Teil der individuellen Weinbereitungsphilosophie und trägt maßgeblich zur Charakteristik und Identität eines Weins bei.

Das könnte dich auch interessieren