Wein-Glossar

Ampelographie

4. Dezember 2025
weinbaurebsortenwissenschaft

Ampelographie ist die Wissenschaft zur Identifikation und Klassifikation von Rebsorten. Erfahre, wie Rebsorten durch Blattform, DNA-Analyse und morphologische Merkmale unterschieden werden.

Was ist Ampelographie?

Ampelographie (vom griechischen ampelos = Weinrebe und graphein = beschreiben) ist die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Identifikation, Beschreibung und Klassifikation von Rebsorten beschäftigt. Diese Wissenschaft ist essenziell für den Weinbau, da sie hilft, Rebsorten eindeutig zu identifizieren, Verwandtschaftsbeziehungen aufzudecken und historische Zusammenhänge zu klären.

Methoden der Ampelographie

Traditionelle morphologische Methoden

Die klassische Ampelographie basiert auf der detaillierten Betrachtung äußerer Merkmale der Rebe:

  • Blattform und -struktur: Form der Blattbuchten, Zähnung, Behaarung der Unterseite
  • Traubenform: Größe, Dichte und Form der Traube
  • Beerenmerkmale: Größe, Farbe, Schalendicke, Form
  • Triebspitzen: Färbung und Behaarung der jungen Triebe
  • Holzreife: Färbung und Struktur des ausgereiften Holzes

Diese Methode erfordert jahrelange Erfahrung und kann bei ähnlichen Sorten oder Klonen zu Unsicherheiten führen.

Moderne DNA-Analyse

Seit den 1990er Jahren hat die DNA-Analyse die Ampelographie revolutioniert. Durch genetische Fingerabdrücke können Rebsorten eindeutig identifiziert und Verwandtschaftsbeziehungen präzise bestimmt werden. Diese Methode hat zu überraschenden Erkenntnissen geführt:

  • Cabernet Sauvignon ist eine natürliche Kreuzung aus Cabernet Franc und Sauvignon Blanc
  • Chardonnay und Pinot Noir haben die gleichen Elternreben
  • Viele vermeintlich eigenständige Sorten sind tatsächlich Mutationen einer Ursprungssorte (z.B. Pinot Noir, Pinot Gris, Pinot Blanc)

Bedeutung für den Weinbau

Die Ampelographie ist aus mehreren Gründen von großer Bedeutung:

  1. Sortenechtheit: Sie stellt sicher, dass Winzer tatsächlich die gewünschte Rebsorte pflanzen und kultivieren
  2. Erhaltung genetischer Vielfalt: Seltene und historische Rebsorten können identifiziert und bewahrt werden
  3. Qualitätskontrolle: Bei Appellationen mit strengen Sortenvorschriften ist die eindeutige Identifikation essenziell
  4. Forschung: Das Verständnis genetischer Zusammenhänge hilft bei der Züchtung neuer, resistenter Sorten
  5. Weingeschichte: Historische Zusammenhänge und Migrationswege von Rebsorten können nachvollzogen werden

Berühmte Ampelographen

Zu den bedeutendsten Ampelographen der Geschichte zählen:

  • Pierre Viala und Victor Vermorel: Verfassten zwischen 1901 und 1910 die monumentale siebenbändige Ampélographie, die über 5.000 Rebsorten beschreibt
  • Hermann Becker: Deutscher Ampelograph des 20. Jahrhunderts, spezialisiert auf deutsche Rebsorten
  • José Vouillamoz: Schweizer Ampelograph und DNA-Forscher, entschlüsselte zahlreiche Verwandtschaftsverhältnisse

Praktische Anwendung

Im modernen Weinbau wird Ampelographie vor allem eingesetzt, wenn:

  • Alte Weinberge wiederentdeckt werden und die Rebsorten unklar sind
  • Historische Rebsorten rekonstruiert werden sollen
  • Sortenechtheit bei Neupflanzungen überprüft werden muss
  • Klonenselektion für optimale Anpassung an Standorte erfolgt
  • Gefälschte oder falsch deklarierte Weine aufgedeckt werden sollen

Dank der Ampelographie wissen wir heute viel mehr über die faszinierende genetische Vielfalt der Weinrebe und können das Erbe jahrhundertealter Rebsorten für zukünftige Generationen bewahren.

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