Weinregionen

Korsika - Mediterrane Inselweine mit Charakter

11. Dezember 2025
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Alles über Korsika-Weine: Nielluccio, Sciaccarellu, Vermentino, Patrimonio, Ajaccio sowie die besten Insel-Weingüter und Naturwein-Pioniere.

Korsika - Mediterrane Inselweine mit Charakter

Zusammenfassung / Auf einen Blick

Korsika – die "Insel der Schönheit" – ist nicht nur landschaftlich spektakulär, sondern auch weinbaulich einzigartig. Diese französische Mittelmeerinsel zwischen Frankreich und Italien besitzt eine über 2.500 Jahre alte Weintradition und kultiviert etwa 30 autochthone Rebsorten, die nirgendwo sonst auf der Welt zu finden sind. Die Weine Korsikas sind wild, charaktervoll und unverwechselbar mediterran – geprägt von Sonne, Meer, Maquis (der würzigen Buschvegetation) und einem tief verwurzelten Inselstolz.

Die beiden Hauptrebsorten sind die roten Nielluccio und Sciaccarellu sowie die weiße Vermentino. Die Weine reichen von kraftvollen, würzigen Rotweinen mit Kräuternoten über elegante, salzige Weißweine bis hin zu experimentellen Naturweinen. Korsika ist eine Weinregion für Entdecker – authentisch, eigenwillig und fern vom Mainstream.

Quick Facts:

  • Lage: Mittelmeerinsel, 170 km südöstlich der französischen Côte d'Azur
  • Größe: ca. 7.000 Hektar Rebfläche
  • Klima: Mediterran, heiß und trocken, maritime Einflüsse, Mistral-Wind
  • Hauptrebsorten: Nielluccio, Sciaccarellu (Rot), Vermentino (Weiß)
  • Weinstile: Kraftvolle Rotweine, mineralische Weißweine, Rosés
  • Besonderheit: 30 autochthone Rebsorten, 10 AOCs, 2.500 Jahre Weinbaugeschichte

Geographie und Klima

Korsika liegt im Mittelmeer, etwa 170 Kilometer südöstlich der französischen Riviera und nur 80 Kilometer westlich von Italien. Die Insel ist gebirgig – der Monte Cinto erreicht 2.706 Meter – und bietet eine außergewöhnliche Vielfalt an Mikroklimata und Terroirs.

Die Weinberge verteilen sich rund um die Insel: an der Ostküste, im Norden (Patrimonio), im Südwesten (Ajaccio, Sartène) und im Süden (Figari, Porto-Vecchio). Sie liegen auf Höhen zwischen Meeresspiegel und 400 Metern, oft mit direktem Meerblick.

Das Klima ist typisch mediterran: heiß, trocken, sonnenverwöhnt mit über 300 Sonnentagen im Jahr. Der Mistral und andere Winde vom Meer bringen Kühlung und halten die Reben gesund, indem sie Feuchtigkeit und Pilzkrankheiten vertreiben. Die Nähe zum Meer sorgt für maritime Einflüsse – salzige Brisen, die sich in den Weinen wiederfinden.

Die Böden sind extrem vielfältig: Granit im Süden und Westen, Kalkstein und Schiefer im Norden, Ton-Kalkstein-Böden in Patrimonio. Diese Diversität trägt zur stilistischen Bandbreite der Weine bei.

Rebsorten

Nielluccio

Nielluccio ist die wichtigste rote Rebsorte Korsikas und genetisch mit Sangiovese verwandt. Besonders in der Appellation Patrimonio dominiert Nielluccio (95% in Rotwein-AOC vorgeschrieben). Die Weine sind kraftvoll, strukturiert, tanninreich und zeigen Aromen von dunklen Kirschen, Pflaumen, mediterranen Kräutern (Thymian, Rosmarin, Maquis), Tabak und erdigen Noten. Nielluccio-Weine haben gutes Alterungspotenzial und entwickeln mit der Zeit Komplexität.

Sciaccarellu

Sciaccarellu (der Name bedeutet "knackig") ist eine autochthone rote Rebsorte, die nur auf Korsika existiert. Sie wird hauptsächlich im Südwesten der Insel angebaut, rund um Ajaccio und Sartène. Sciaccarellu bringt leichtere, elegantere Rotweine und feine Rosés hervor – mit Aromen von roten Beeren, Kirschen, Pfeffer, floralen Noten und einer charakteristischen Würze. Die Weine sind weniger tanninreich als Nielluccio, dafür frischer und zugänglicher.

Vermentino

Vermentino ist die wertvollste weiße Rebsorte der Insel und in Weiß-AOCs zu 100% vorgeschrieben. Vermentino (in Italien Vermentino, in Südfrankreich auch Rolle genannt) bringt frische, mineralische Weißweine mit salziger Textur und Aromen von Zitrusfrüchten, grünem Apfel, Kräutern, Mandeln und weißen Blüten. Die maritime Nähe verleiht den Weinen eine besondere Salzigkeit und Frische – perfekt zu Meeresfrüchten.

Grenache

Grenache wird als Blending-Partner für Nielluccio und Sciaccarellu verwendet und bringt Frucht, Fülle und Wärme in die Cuvées.

Weitere autochthone Sorten

Korsika kultiviert etwa 30 autochthone Rebsorten, darunter weiße wie Bianco Gentile, Genovese, Biancu Gentile sowie rote wie Aleatico, Minustello und Carcajolo Neru. Diese Sorten werden oft in experimentellen Cuvées und Naturweinen verwendet.

Weinstile

Kraftvolle Rotweine

Nielluccio-basierte Rotweine aus Patrimonio sind die Flaggschiffe Korsikas: dunkel, tanninreich, würzig, mit Aromen von schwarzen Kirschen, Kräutern, Tabak und Leder. Sie profitieren von Barrique-Ausbau und Reifung.

Elegante Rotweine und Rosés

Sciaccarellu bringt leichtere, fruchtigere Rotweine und hervorragende Rosés hervor, besonders aus Ajaccio und Sartène. Die Rosés sind frisch, aromatisch und perfekt für Sommerabende am Meer.

Mineralische Weißweine

Vermentino-Weißweine sind frisch, mineralisch, mit salziger Textur und mediterranen Kräuternoten. Sie passen perfekt zur korsischen Küche – Fisch, Meeresfrüchte, Ziegenkäse.

Naturweine

Korsika hat eine lebendige Naturwein-Szene. Produzenten wie Yves Canarelli (Clos Canarelli) experimentieren mit Amphoren-Vinifikation, spontaner Gärung und minimaler Intervention. Diese Weine sind lebendig, charaktervoll und oft funky.

Vin Doux Naturel

In einigen Regionen werden süße Weine produziert – insbesondere aus Muscat-Trauben (Muscat du Cap Corse).

Top Weingüter

Domaine Antoine Arena

  • Adresse: 20253 Patrimonio
  • Website: domaine-antoine-arena.com
  • Spezialität: Patrimonio, Nielluccio, minimale Intervention
  • Auszeichnungen: Legendärer Status in Patrimonio
  • Antoine Arena ist eine Ikone des korsischen Weinbaus. Seine Weine – besonders die Weißweine – sind mineralisch, komplex und langlebig. Der Rotwein zeigt kraftvolle, animalische Noten. Sohn Jean-Baptiste führt die Tradition fort.

Yves Leccia (Domaine d'E Croce)

  • Adresse: 20232 Poggio-d'Oletta (Patrimonio)
  • Website: yves-leccia.com
  • Spezialität: Patrimonio, biodynamischer Weinbau, Präzision
  • Yves Leccia ist einer der renommiertesten Winzer Korsikas. Er trennte sich 2004 vom Familienbetrieb und gründete sein eigenes Weingut. Seine 15 Hektar auf Ton-Kalkstein-Böden mit Schiefer profitieren vom maritimen Einfluss des Golfs von St. Florent. Biodynamisch bewirtschaftet, produziert er präzise, elegante Weine von höchster Qualität.

Domaine Leccia

  • Adresse: 20232 Poggio-d'Oletta (Patrimonio)
  • Website: domaine-leccia.com
  • Spezialität: Patrimonio, biologisch/biodynamisch, Familientradition
  • Lisandru Leccia übernahm das Weingut seiner Tante Annette und führt es seit 2015 biodynamisch. 15 Hektar auf erstklassigen Ton-Kalkstein-Böden in Patrimonio. Tradition trifft moderne Präzision.

Clos Canarelli

  • Adresse: 20114 Figari
  • Website: closcanarelli.com
  • Spezialität: Figari, Amphoren-Vinifikation, Naturwein, biodynamisch
  • Yves Canarelli ist ein Pionier der korsischen Naturwein-Bewegung. Seit 2002 biologisch, seit 2006 biodynamisch bewirtschaftet er 25 Hektar im sonnenverwöhnten Figari (Süden). Er war der erste auf Korsika, der Amphoren für die Vinifikation nutzte. Seine Weine sind lebendig, komplex und international gefeiert.

Clos Landry

  • Adresse: 20217 Saint-Florent (Patrimonio)
  • Website: closlandry.com
  • Spezialität: Patrimonio, Vermentino, Nielluccio
  • Kleines Weingut mit eleganten, terroirgeprägten Weinen aus Patrimonio.

Domaine Comte Abbatucci

  • Adresse: 20140 Casalabriva (Ajaccio)
  • Website: domaine-abbatucci.com
  • Spezialität: Autochthone Rebsorten, biodynamisch, historisches Weingut
  • Jean-Charles Abbatucci ist ein Bewahrer der korsischen Weingeschichte und kultiviert über 18 autochthone Rebsorten. Biodynamisch seit 2000, produziert er außergewöhnliche, terroir-geprägte Weine.

Unterregionen / Appellationen

Korsika hat 10 AOCs, darunter eine übergeordnete Appellation und neun regionale AOCs:

Patrimonio AOC

Die prestigeträchtigste Appellation im Norden der Insel, rund um den Golf von St. Florent. Erste AOC Korsikas (1968). Rotweine müssen zu 95% aus Nielluccio bestehen, Weißweine zu 100% aus Vermentino. Die Ton-Kalkstein-Böden und maritimen Einflüsse bringen strukturierte, elegante Weine hervor.

Ajaccio AOC

Im Südwesten der Insel, rund um die Hauptstadt Ajaccio. Hier dominiert Sciaccarellu (60% in Rotwein-AOC). Die Granit-Böden verleihen den Weinen Mineralität und Frische. Bekannt für elegante Rotweine und feine Rosés.

Vin de Corse AOC

Die übergeordnete Appellation für die gesamte Insel. Erlaubt sind Nielluccio, Sciaccarellu, Grenache (Rot) und Vermentino (Weiß).

Muscat du Cap Corse AOC

Süßwein-Appellation im Norden (Cap Corse-Halbinsel) für Vin Doux Naturel aus Muscat-Trauben.

Weitere regionale AOCs

  • Calvi (Nordwesten)
  • Sartène (Südwesten)
  • Figari (Süden)
  • Porto-Vecchio (Südosten)
  • Coteaux du Cap Corse (Norden)

Weinbaugeschichte

Der Weinbau auf Korsika reicht über 2.500 Jahre zurück. Die Phönizier brachten die ersten Reben auf die Insel, gefolgt von Griechen und Römern, die den Weinbau ausbauten.

Im Mittelalter prägten Genua und später Pisa die Weinkultur. Genua kontrollierte Korsika jahrhundertelang und förderte den Weinbau als Wirtschaftszweig. Viele Rebsorten wurden aus Italien eingeführt – daher die Verwandtschaft von Nielluccio mit Sangiovese und Vermentino mit italienischen Sorten.

Im 18. Jahrhundert kam Korsika unter französische Herrschaft. Der Weinbau blieb wichtig, aber die Insel produzierte hauptsächlich Massenweine für den Export nach Frankreich.

Die Reblaus-Katastrophe Ende des 19. Jahrhunderts traf auch Korsika hart. Viele Weinberge wurden zerstört, andere mit ertragreicheren, internationalen Sorten wiederbepflanzt.

Die Renaissance begann in den 1960er/70er Jahren: Rückbesinnung auf autochthone Sorten, Qualitätsfokus statt Masse. Patrimonio erhielt 1968 als erste Region Korsikas den AOC-Status.

Heute ist Korsika eine der spannendsten Weinregionen des Mittelmeers – klein, authentisch, mit einer neuen Generation von Winzern, die autochthone Sorten wiederentdecken, biodynamisch arbeiten und experimentieren.

Herausforderungen und Zukunft

Klimawandel: Korsika ist eine der heißesten und trockensten Weinregionen Europas. Steigende Temperaturen und zunehmende Trockenheit sind Herausforderungen. Wassermanagement, trockenheitsresistente Sorten und angepasste Vinifikation (frühere Lese, kühlere Gärung) werden wichtiger.

Waldbrände: Korsika leidet regelmäßig unter verheerenden Waldbränden im Sommer, die auch Weinberge bedrohen. Prävention und schnelle Reaktion sind entscheidend.

Nachhaltigkeit: Immer mehr Weingüter setzen auf biologischen oder biodynamischen Weinbau. Das trockene, windige Klima reduziert Pilzkrankheiten natürlich – ideale Bedingungen für Öko-Weinbau. Korsika hat eine der höchsten Bio-Quoten unter französischen Weinregionen.

Autochthone Sorten: Die Wiederentdeckung und Bewahrung der 30 autochthonen Rebsorten ist ein zentrales Anliegen. Winzer wie Jean-Charles Abbatucci (Domaine Comte Abbatucci) kultivieren vergessene Sorten und sichern so das genetische Erbe.

Tourismus vs. Authentizität: Korsika zieht jährlich Millionen Touristen an. Die Balance zwischen touristischer Vermarktung und Bewahrung der Authentizität ist eine Herausforderung. Viele Winzer setzen bewusst auf kleine Produktionen und direkten Verkauf.

Inselstolz: Korsen sind stolz auf ihre Identität und Unabhängigkeit. Der Weinbau ist Teil dieser Identität – wild, eigenwillig, kompromisslos. Dieser Stolz treibt Innovation und Qualität voran.

Meine persönliche Empfehlung

Korsika ist für mich die aufregendste Mittelmeer-Weinregion – wild, authentisch und voller Überraschungen. Die Weine schmecken nach Insel, Meer, Sonne und Maquis.

Mein Lieblingsweingut: Clos Canarelli in Figari. Yves Canarelli ist ein Visionär und seine Naturweine aus Amphoren sind elektrisierend. Der Vermentino aus Amphora ist unglaublich – mineralisch, salzig, lebendig. Die Rotweine sind kraftvoll, aber elegant. Die Verkostungen finden in seinem rustikalen Weingut statt – mit Blick auf die Berge. Pure Magie. Unbedingt vorher anmelden!

Für Einsteiger: Starte mit einem Patrimonio Blanc (Vermentino) von Yves Leccia oder Domaine Leccia. Diese Weißweine sind zugänglich, frisch, mineralisch und zeigen sofort, was Korsika kann. Dazu ein Teller Meeresfrüchte – perfekt!

Weinwanderung: Wandere entlang des Sentier des Douaniers (Zöllnerpfad) an der Küste von Cap Corse. Der Weg führt durch Maquis-Buschland, vorbei an kleinen Buchten, mit spektakulären Meerblicken. Nach der Wanderung: Einkehr in einem der kleinen Weingüter im Cap Corse, probiere Muscat du Cap Corse (süßer Dessertwein) – himmlisch!

Kulinarischer Tipp: Korsische Küche ist eine Mischung aus französischen und italienischen Einflüssen. Probiere Brocciu (korsischer Frischkäse) mit einem Vermentino, Coppa (luftgetrocknete Wurst) mit einem Nielluccio-Rotwein oder Aziminu (korsische Fischsuppe) mit einem Patrimonio Rosé. Das Restaurant U Santa Marina in Saint-Florent ist fantastisch – direkt am Hafen, frischer Fisch, großartige Weinauswahl.

Beste Reisezeit: September/Oktober – die Vendange (Weinlese) ist in vollem Gange, die Hitze des Sommers lässt nach, die Landschaft ist golden. Viele Weingüter öffnen ihre Türen für Besucher. Oder Mai/Juni, wenn die Maquis blüht und alles in Farben explodiert. Meide Juli/August – zu heiß, zu touristisch, zu überfüllt.

Geheimtipp: Besuche kleine Weingüter im Figari (Süden) – abseits der touristischen Pfade, authentisch, mit außergewöhnlichen Weinen. Die Landschaft ist karger, wilder, und die Winzer sind unglaublich herzlich. Kaufe direkt beim Winzer – du unterstützt kleine Produzenten und entdeckst Weine, die es sonst nirgends gibt.

Korsika ist eine Insel für Entdecker – wild, schön, unvergesslich. Lass dich treiben, probiere mutig, und du wirst belohnt!