Weinregionen

Margaux - Eleganz und Finesse im Médoc

11. Dezember 2025
margauxbordeauxmedoccabernet-sauvignoneleganz

Margaux: Die eleganteste Médoc-Appellation mit 21 Cru Classé Châteaux. Parfümierte Weine mit Finesse, angeführt von Château Margaux Premier Cru und Palmer.

Auf einen Blick

Margaux ist das Synonym für Eleganz im Médoc. Während Pauillac für Kraft und Struktur steht, ist Margaux die Ballerina unter den Bordeaux-Appellationen – voller Finesse, Parfüm und seidiger Tannine. Mit 21 Cru Classé Châteaux – mehr als jede andere Gemeinde in Bordeaux – und dem legendären Château Margaux als einzigem Premier Cru steht diese Region für eine besondere Interpretation des Cabernet Sauvignon: weniger muskulös, mehr poetisch.

Die Appellation Margaux ist auch geografisch besonders: Sie umfasst nicht nur die Gemeinde Margaux selbst, sondern auch die Nachbarorte Cantenac, Labarde, Arsac und Soussans – insgesamt fünf Gemeinden, die sich den Namen teilen. Diese Vielfalt schafft unterschiedliche Terroirs und Weinstile, vereint durch das gemeinsame Streben nach Eleganz und Raffinesse.

Quick Facts

Lage: Haut-Médoc, südlichste große Appellation, 25 km nördlich von Bordeaux

Größe: Ca. 1.515 Hektar Rebfläche

Gemeinden: Margaux, Cantenac, Labarde, Arsac, Soussans

Klima: Gemäßigt-maritim mit Gironde-Einfluss

Hauptrebsorten: Cabernet Sauvignon (60-70%), Merlot (20-30%), Cabernet Franc, Petit Verdot

Bodentypen: Feine Kiesböden (Günz-Kies) mit hoher Drainage

Weinstile: Elegant, parfümiert, seidige Tannine, feminine Finesse

Besonderheit: 21 Cru Classé (1 Premier, 5 Deuxième, 10 Troisième, 3 Quatrième, 2 Cinquième)

Geographie und Klima

Margaux ist die südlichste der vier großen Médoc-Appellationen (Margaux, Pauillac, Saint-Julien, Saint-Estèphe) und gleichzeitig die größte. Die Weinberge erstrecken sich über leicht gewelltes Terrain mit sanften Hügeln (croupes), die selten mehr als 20 Meter über dem Meeresspiegel liegen, aber entscheidende Drainage-Vorteile bieten.

Die Böden sind der Schlüssel zur Margaux-Eleganz: Feine, warme Kiesböden aus der Günz-Eiszeit mit kleinerem Korngrad als in Pauillac. Diese Böden heizen sich schnell auf, kühlen aber auch schneller ab – ideal für eine lange, gleichmäßige Reife. Die exzellente Drainage zwingt die Rebwurzeln, tief zu graben (bis zu 5-6 Meter), was zu konzentrierter, aber nie aufdringlicher Frucht führt.

Unter dem Kies liegt eine Mischung aus Ton, Sand und Kalk – je nach Parzelle unterschiedlich zusammengesetzt. Diese Vielfalt erklärt die stilistischen Nuancen zwischen den fünf Gemeinden:

  • Margaux (zentral): Klassische Eleganz
  • Cantenac (südlich): Etwas kräftiger, Heimat von Château Palmer
  • Labarde (südlich): Feminine Finesse
  • Arsac (westlich, inland): Strukturierter, mehr Ton
  • Soussans (nördlich): Leichter, zugänglicher

Das Klima ist gemäßigt-maritim mit moderierendem Einfluss der Gironde-Mündung. Die breite Wasserfläche reflektiert Sonnenlicht, speichert Wärme und mildert Temperaturschwankungen. Im Herbst kann die Nähe zum Wasser jedoch auch Nebel und Feuchtigkeit bringen – ein Risiko, das durch sorgfältiges Laubwand-Management minimiert werden muss.

Rebsorten und Weinstil

Cabernet Sauvignon dominiert mit 60-70% die Assemblage, aber in Margaux zeigt die Sorte ein anderes Gesicht als in Pauillac: Die Weine sind weniger tanninbetont, mehr parfümiert, mit Noten von Veilchen, Iris, schwarzen Johannisbeeren und einer seidigen Textur, die fast burgundisch anmutet.

Merlot spielt mit 20-30% eine wichtigere Rolle als in Pauillac. Er bringt Rundung, Fruchtfülle und frühere Zugänglichkeit – besonders in Cantenac und Labarde, wo die Böden etwas tonhaltiger sind. Château Palmer ist berühmt für seinen hohen Merlot-Anteil (manchmal über 40%), der dem Wein seine samtige Opulenz verleiht.

Cabernet Franc und Petit Verdot komplettieren die Assemblage mit floralen Noten, Würze und Struktur. In großen Jahren, wenn Petit Verdot vollständig ausreift, bringt er intensive Farbe und exotische Gewürzaromen.

Der typische Margaux-Stil zeichnet sich aus durch:

  • Aromenprofil: Veilchen, Iris, Rosen, schwarze Johannisbeere, rote Kirsche, Zedernholz, Graphit, feine Gewürze
  • Struktur: Seidige, integrierte Tannine statt muskulöser Kraft
  • Textur: Elegant, geschliffen, fast schwebend am Gaumen
  • Alterung: Jüngere Zugänglichkeit als Pauillac, aber dennoch 20-40 Jahre Reifepotenzial bei Top-Weinen

Die Klassifikation von 1855 in Margaux

Margaux ist die Appellation mit den meisten klassifizierten Weingütern – 21 Cru Classé, fast ein Drittel aller klassifizierten Médoc-Châteaux. Diese Fülle zeugt von der historischen Bedeutung der Region.

Premier Cru Classé (1er Cru)

  • Château Margaux - Der Inbegriff von Eleganz und Finesse

Deuxième Cru Classé (2ème Cru)

  • Château Rauzan-Ségla (Margaux)
  • Château Rauzan-Gassies (Margaux)
  • Château Lascombes (Margaux)
  • Château Durfort-Vivens (Margaux)
  • Château Brane-Cantenac (Cantenac)

Troisième Cru Classé (3ème Cru)

  • Château Kirwan (Cantenac)
  • Château d'Issan (Cantenac)
  • Château Giscours (Labarde)
  • Château Malescot Saint-Exupéry (Margaux)
  • Château Boyd-Cantenac (Cantenac)
  • Château Cantenac Brown (Cantenac)
  • Château Palmer (Cantenac) - oft auf 2ème Cru-Niveau
  • Château Desmirail (Margaux)
  • Château Ferrière (Margaux)
  • Château Marquis d'Alesme (Margaux)

Quatrième Cru Classé (4ème Cru)

  • Château Pouget (Cantenac)
  • Château Prieuré-Lichine (Cantenac)
  • Château Marquis de Terme (Margaux)

Cinquième Cru Classé (5ème Cru)

  • Château Dauzac (Labarde)
  • Château du Tertre (Arsac)

Zusätzlich gibt es viele qualitativ hochwertige Crus Bourgeois wie Château Siran oder Château Labégorce, die exzellente Preis-Leistungs-Verhältnisse bieten.

Top-Weingüter

Château Margaux (Premier Cru Classé)

33460 Margaux www.chateau-margaux.com Spezialität: Der Inbegriff von Eleganz, Finesse und Parfüm Besonderheit: 94 ha, seit 1977 im Besitz der Familie Mentzelopoulos, neoklassizistisches Château von 1810 Zweitwein: Pavillon Rouge du Château Margaux Weißwein: Pavillon Blanc (100% Sauvignon Blanc, nicht Teil der Margaux AOC)

Das prestigeträchtigste Weingut der Appellation produziert Weine von außergewöhnlicher Raffinesse. Unter der Leitung von Paul Pontallier (1983-2016) erreichte Château Margaux konstant höchste Qualität. Legendäre Jahrgänge wie 1900, 1953, 1982, 1996, 2000, 2005, 2009, 2010 und 2015 gehören zu den größten Weinen der Welt.

Château Palmer (Troisième Cru Classé)

33460 Cantenac www.chateau-palmer.com Spezialität: Opulente Eleganz mit hohem Merlot-Anteil (oft über 40%) Besonderheit: 66 ha, biodynamischer Weinbau seit 2008, im Besitz von drei Familien (Mähler-Besse, Sichel, Cruse) Zweitwein: Alter Ego de Palmer

Château Palmer wird oft als heimlicher zweiter Premier Cru von Margaux gehandelt. Die Weine vereinen Kraft mit Finesse und haben dank des hohen Merlot-Anteils eine samtige, fast burgundische Textur. Der 1961er Palmer gilt als einer der größten Bordeaux des 20. Jahrhunderts.

Château Rauzan-Ségla (Deuxième Cru Classé)

33460 Margaux www.rauzan-segla.com Spezialität: Klassischer Margaux-Stil mit Eleganz und Struktur Besonderheit: 74 ha, seit 1994 im Besitz der Chanel-Gruppe, spektakuläre Qualitätssteigerung Zweitwein: Ségla

Eines der ältesten Weingüter in Margaux (gegründet 1661), das unter neuer Führung zu alter Größe zurückgefunden hat. Die Weine kombinieren klassische Eleganz mit moderner Präzision.

Château Lascombes (Deuxième Cru Classé)

33460 Margaux www.chateau-lascombes.com Spezialität: Moderne, zugängliche Margaux-Weine Besonderheit: 118 ha (eines der größten Cru Classé), umfassende Renovierung seit 2001 Zweitwein: Chevalier de Lascombes

Château Giscours (Troisième Cru Classé)

33460 Labarde www.chateau-giscours.fr Spezialität: Kraftvolle, strukturierte Weine aus Labarde Besonderheit: 95 ha, prächtiges Schloss, eigene Pferdezucht Zweitwein: La Sirène de Giscours

Château Brane-Cantenac (Deuxième Cru Classé)

33460 Cantenac www.brane-cantenac.com Spezialität: Klassische Cantenac-Eleganz mit guter Alterungsfähigkeit Besonderheit: 120 ha, historisches Weingut (ehemals "Gorce"), seit 1920s im Besitz der Familie Lurton Zweitwein: Baron de Brane

Weinbaugeschichte

Die Weinbaugeschichte von Margaux reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Das Weingut La Mothe de Margaux (heute Château Margaux) wurde bereits 1152 erwähnt. Im 17. und 18. Jahrhundert entwickelte sich Margaux zum Synonym für Qualität – die Weine erzielten höhere Preise als die meisten anderen Médoc-Weine.

Die Klassifikation von 1855 bestätigte diese Reputation: Château Margaux wurde als eines von nur vier Premier Crus ausgezeichnet (neben Lafite, Latour und Haut-Brion). Die Fülle an klassifizierten Weingütern (21 von 61) zeigt die historische Bedeutung der Appellation.

Das 20. Jahrhundert brachte Höhen und Tiefen. Nach der Reblauskatastrophe, zwei Weltkriegen und wirtschaftlichen Krisen waren viele Châteaux in schlechtem Zustand. Erst ab den 1970er Jahren begann eine Renaissance: Château Margaux wurde 1977 von der Familie Mentzelopoulos gekauft und umfassend renoviert, Château Palmer stellte auf biodynamischen Weinbau um, Rauzan-Ségla wurde von Chanel übernommen.

Heute ist Margaux eine der dynamischsten Appellationen im Médoc, mit einer neuen Generation von Winzern, die Tradition und Innovation verbinden.

Herausforderungen und Zukunft

Klimawandel: Die wärmeren Temperaturen begünstigen die vollständige Reife von Cabernet Sauvignon und Petit Verdot, bergen aber das Risiko von Überreife und Alkoholgraden über 14%. Einige Châteaux experimentieren mit früheren Lesezeiten oder höheren Anteilen frühreifender Sorten.

Bodengesundheit: Die intensiven Kiesböden sind anfällig für Austrocknung in heißen, trockenen Sommern. Moderne Bewässerungssysteme (wo erlaubt) und Begrünung der Rebzeilen helfen, die Wasserspeicherfähigkeit zu verbessern.

Bio- und Biodynamik: Château Palmer ist Vorreiter im biodynamischen Weinbau (zertifiziert seit 2013). Immer mehr Châteaux folgen diesem Beispiel, reduzieren chemische Behandlungen und fördern Biodiversität. Die Herausforderung liegt in der Balance zwischen Ideologie und praktischer Machbarkeit in schwierigen Jahren.

Preis-Zugänglichkeit: Während die Premier Crus unerschwinglich teuer sind, bieten die zahlreichen 3ème, 4ème und 5ème Crus sowie Crus Bourgeois gute Einstiegsmöglichkeiten in den Margaux-Stil – ein Vorteil gegenüber Pauillac mit seiner Konzentration auf teure Premier Crus.

Terroir-Vielfalt: Die fünf Gemeinden und unterschiedlichen Terroirs sind Stärke und Herausforderung zugleich. Während sie Stilvielfalt ermöglichen, erschweren sie auch die klare Kommunikation der "Margaux-Identität" gegenüber einheitlicheren Appellationen.

Meine persönliche Empfehlung

Lieblingsweingut für Besucher: Château Margaux ist natürlich spektakulär, aber schwer zu besuchen (nur nach Voranmeldung, sehr exklusiv). Für eine zugänglichere, aber dennoch eindrucksvolle Erfahrung empfehle ich Château Palmer. Die biodynamischen Weinberge, die persönliche Atmosphäre und die außergewöhnlichen Weine machen jeden Besuch unvergesslich. Das historische Château ist zudem architektonisch beeindruckend.

Preis-Leistungs-Sieger: Château Giscours (3ème Cru) bietet konstant exzellente Qualität zu fairen Preisen (oft 40-60 Euro). Die Weine zeigen klassischen Margaux-Charakter mit Eleganz und Alterungspotenzial – perfekt, um die Appellation kennenzulernen, ohne das Konto zu sprengen.

Geheimtipp: Château Siran (Cru Bourgeois Exceptionnel) liegt zwischen Margaux und Cantenac und produziert Weine, die problemlos mit manchen Cru Classé mithalten. Der Besuch ist unkompliziert, das Preis-Leistungs-Verhältnis hervorragend (25-35 Euro), und die Familie Miailhe führt das Weingut mit Leidenschaft.

Beste Reisezeit: Mai/Juni – Die Weinberge sind grün, die Wetterbedingungen ideal, und es ist weniger überlaufen als im September. Die Region ist perfekt für Radtouren zwischen den Châteaux. Alternativ: Oktober, wenn die Farben herbstlich werden und die Ernte frisch abgeschlossen ist.

Mein perfektes Pairing: Ein 10-15 Jahre alter Château Palmer zu einem Lammkarree mit Kräuterkruste, begleitet von Morcheln und jungem Gemüse. Die seidigen Tannine des Palmer umarmen das zarte Lammfleisch, die floralen Noten des Weins harmonieren mit den Kräutern, und die erdigen Morcheln spiegeln die Tertiäraromen des gereiften Bordeaux. Alternativ: Ein junger Château Margaux zu Geflügel (Taube, Fasan) mit Trüffelsauce – ein klassisches Pairing, das die Eleganz beider Komponenten hervorhebt.

Margaux vs. Pauillac: Wenn Pauillac ein kraftvoller Tenor ist, dann ist Margaux eine lyrische Sopranistin. Beide sind großartig, aber für völlig unterschiedliche Momente: Pauillac für Winter-Schmorgerichte und große Anlässe, Margaux für elegante Dinner und Momente, in denen Finesse über Kraft triumphiert.

Verkostungstipp: Verkoste Margaux-Weine vertikal (verschiedene Jahrgänge desselben Château) statt horizontal (gleicher Jahrgang, verschiedene Châteaux), um die Entwicklung und das Reifepotenzial zu verstehen. Ein 5-jähriger, 10-jähriger und 20-jähriger Margaux sind praktisch drei verschiedene Weine – und alle faszinierend!